Die Schöpfung des Vogels Ren

von Tiristal Nerisdorf
 
 
Sargani, die Göttin der ewigen Wüste,
Schaute hinunter auf goldenes Land
Und wünschte sich, ein Wesen zu formen
Aus ihres funkelnden Kleides Sand.
 
Am ersten Tag machte sie einen Körper,
Der gleiten konnte auf Luft, wie ein Boot.
So groß und stark war er wie ein Drache,
Sein Schnabel gebogen, gekreuzt und rot.
 
Am zweiten Tag schuf sie leuchtende Federn,
So hell wie die Strahlen der Sonne beinah,
Zu schützen des Wesens fliegenden Körper,
Und Sargani gefiel, was ihr Auge sah.
 
Am dritten Tag nahm sie den Sand, dessen Körner
Sie mit ihrem feurigen Atem verband,
Und bald lagen feine, glänzende Fasern
Aus Glas in der mächtigen Göttin Hand.
 
Sargani gab auf die Schwingen des Wesens
Die Fasern als dünne, geschmeidige Schicht.
Die Federn glänzten nun gleich einem Spiegel,
Und warfen zurück der Sonne Licht.
 
Die Göttin wählte für ihren Vogel
Den Namen Ren, denn sein Federkleid
Erstrahlte am Himmel so hell wie die Sonne,
Und er war der prächtigste weit und breit.
 
Doch als sie beendet hatte die Schöpfung,
Wurde ihr Wesen ergriffen von Gier,
Und bald war ihr Herz erfüllt von Verlangen
Nach diesem schönen, vollkommenen Tier.
 
"Komm", sprach Sargani, "sei mein Geliebter.
Dann werde ich lieben nur dich allein,
Denn du bist das schönste Wesen der Erde
Und sollst von allen das mächtigste sein."
 
Der Vogel schaute aus traurigen Augen
Zur Göttin des Sandes, die ihn gemacht,
Denn in ihm war die tiefe Sehnsucht zu lieben
ein Wesen, das so wie er selbst war, erwacht.
 
Er sagte: "Oh, Göttin, ich kann dich nicht lieben,
Obwohl du so schön und so mächtig bist,
Denn ich kann das Wesen an meiner Seite
Nur lieben, wenn es ein Ren-Vogel ist.
 
Da wurde sie zornig, die mächtige Göttin,
Und schickte den glänzenden Vogel fort.
"Willst du mich nicht lieben, so sei dir die Wüste
Für immer und ewig ein einsamer Ort!"
 
Seither irrt der Vogel allein durch den Himmel,
Und sucht nach dem Wesen bei Tag und bei Nacht,
Das so ist wie er, um es endlich zu lieben,
Doch Sargani hat ihn allein nur gemacht.
 
Er fliegt hinauf in die windigen Höhen
Und sucht in der endlosen Wüste Gebiet
Den leuchtenden Schein auf den spiegelnden Schwingen,
Und singt seiner Sehnsucht ewiges Lied:
 
"Ich fliege unter der goldenen Sonne,
Ich fliege unter dem silbernen Mond,
Und suche das Wesen mit Flügeln aus Licht,
Das mit mir diesen endlosen Himmel bewohnt.
 
Ich fliege hoch, so hoch wie ich kann,
So hoch, hinaus, hinaus,
Und wenn ich sie finde, dann bleibt sie bei mir,
Und der Himmel ist unser Zubaus."
 
(Tiristal Nerisdorf ist ein fiktiver Autor aus meinem Buch
"Die Sehnsucht des Ren-Vogels")